SchülerInnen müssen beim Lernen häufig eine Fülle an Informationen verarbeiten und die relevantesten herausfiltern. Lehrpersonen können ihre SchülerInnen dabei entscheidend unterstützen – mit Arbeitsmaterialien, in denen wichtige Informationen hervorgehoben sind. Wie sich das Hervorheben von Informationen in Lernmaterialien auf Lernerfolg, Motivation und die kognitive Verarbeitungskapazität von SchülerInnen auswirkt und inwiefern weitere Faktoren wie Vorwissen oder das Fach dabei eine Rolle spielen, untersucht die Metaanalyse »A meta-analysis of how signaling affects learning with media« von Schneider, Beege, Nebel & Rey (2018).

Metaanalyse im Überblick

Fokus der Studie: Effekte von Hervorhebungen in Arbeitsmaterialien auf die Wiedergabe und den Transfer von Wissen

Zielgruppe: SchülerInnen aller Altersstufen,
Studierende, Erwachsene

Durchschnittliche Effektstärke: Hervorhebungen in Arbeitsmaterialien wirken sich positiv auf die Wiedergabe (g = 0.53, mittlerer Effekt) und den Transfer (= 0.33, kleiner Effekt) von Wissen aus.

Weitere Befunde: Hervorhebungen in Arbeitsmaterialien reduzieren die kognitive Belastung (g = 0.25, kleiner Effekt) und erhöhen die Motivation (= 0.13, kleiner Effekt)

Einleitung

Gerade im MINT-Unterricht vermitteln Lehrpersonen ihren SchülerInnen häufig Wissen über komplexe Modelle und Abläufe. SchülerInnen stehen dabei vor der Herausforderung, aus einer Fülle an verbalen und visuellen Informationen die relevantesten auszuwählen und so zu strukturieren, dass sie diese besser behalten und abrufen können. Dies ist insbesondere beim Lernen mit digitalen Medien der Fall, da digitale Arbeitsmaterialien oft komplexer gestaltet sind als klassisches Arbeitsmaterialien wie Arbeitsblätter.

Wie können Lehrpersonen Lernmaterialien gestalten oder auswählen, die SchülerInnen dabei bestmöglich unterstützen? Eine Reihe an Befunden zeigt, dass SchülerInnen besser lernen, wenn Lernmaterialien relevante Informationen oder die organisatorische Struktur der Lerninhalte hervorheben, da dadurch die kognitive Belastung für die Lernenden geringer ist (cognitive load theory). Dieses Prinzip, bei dem die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die relevante Information gelenkt wird, wird im Englischen Signaling genannt (dt. Hervorheben, Beispiel siehe Grafik 1).

Grafik 1. Beispiel für farbige Hervorhebungen in einer Lernumgebung.

Allerdings sind Hervorhebungen nicht in jedem Fall hilfreich. Manche Hervorhebungen lenken Lernende eher ab. Weil SchülerInnen dann stärker kognitiv belastet werden, verringert sich auch der Lernerfolg. Die vorliegende Metaanalyse synthetisiert die Ergebnisse bisheriger Studien und untersucht auf dieser Datenbasis, wie sich Hervorhebungen in Lernmaterialien auswirken – z.B. auf den Lernerfolg, die Motivation oder die kognitive Belastung. Sie berücksichtigt dabei eine Vielzahl an Faktoren und Rahmenbedingungen, die einen Einfluss haben könnten – z.B. das Unterrichtsfach oder die Art der Hervorhebungen.

Worum geht es in dieser Studie?

Die Metaanalyse untersucht einerseits, ob Hervorhebungen in Lernmaterialien den Lernerfolg in Bezug auf die Wiedergabe von Wissen (139 experimentelle Vergleiche) und den Transfer von Wissen (70 experimentelle Vergleiche) steigern. Außerdem wurde untersucht, wie diese Hervorhebungen sich auf die kognitive Belastung, die Motivation, die Lernzeit und auf Blickbewegungen von SchülerInnen beim Lernen auswirken. Bei der Untersuchung dieser Forschungsfragen berücksichtigen die AutorInnen eine Reihe an Moderatorvariablen wie Alter oder Vorwissen, die einen Einfluss auf die Wirkung von Hervorhebungen haben könnten (vgl. Tabelle 1).

Die AutorInnen schließen Primärstudien in die Metaanalyse ein, die im Zeitraum von 1970-2016 auf Englisch oder Deutsch in Zeitschriften mit Begutachtungsverfahren, als Abschlussarbeiten, Konferenzbeiträge oder Onlinepublikationen veröffentlicht wurden. Grundlage der Metaanalyse sind insgesamt 103 Studien mit 12.201 TeilnehmerInnen. Ca. 14 % von ihnen stammen aus der Sekundarstufe. Die Mehrzahl der Studien wurde unter streng kontrollierten Bedingungen im Labor durchgeführt, einige Studien aber auch im Schulkontext.

Was findet diese Studie heraus?

Zusammengenommen zeigen die Befunde, dass sich Hervorhebungen in Lernmaterialien positiv auf die Wiedergabe (g = 0.53, mittlerer Effekt) und den Transfer von Wissen auswirken (g = 0.33, kleiner Effekt). Zudem reduzieren sie die kognitive Belastung (g = 0.25, kleiner Effekt), erhöhen die Motivation (g = 0.13, kleiner Effekt) und verlängern die Lernzeit (g = 0.30, kleiner Effekt). Darüber hinaus zeigen die Analysen der Blickbewegungen, dass Lernende Hervorhebungen in Arbeitsmaterialien tatsächlich länger betrachten als die entsprechenden Passagen ohne Hervorhebungen (g = 0.39).

Die einzelnen Moderatoranalysen zeigen, dass Hervorhebungen in Texten für die Wiedergabe von Wissen besonders effektiv sind. Bei Abbildungen ist der Effekt ebenfalls positiv, aber kleiner. In Bezug auf den Wissenstransfer beeinflusst die Art der Hervorhebung in Abbildungen den Effekt: Während sich farbliche Hervorhebungen positiv auswirken, sind Wegweiser, Beschriftungen, Scheinwerfer und grafische Hervorhebungen nicht wirksam. Blinken beeinträchtigt den Wissenstransfer sogar. Hervorhebungen sind in allen Fächern außer Mathematik effektiv. Für alle weiteren Moderatoren berichten die AutorInnen keine signifikanten Befunde. Die einzelnen Effektstärken sind in Tabelle 1 dargestellt.

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signifikanter Effekt

Wie bewertet das Clearing House Unterricht diese Studie?

Die Clearing House Unterricht Research Group bewertet die Metaanalyse anhand der folgenden fünf Fragen und orientiert sich dabei an den Abelson-Kriterien (1995):

Wie substanziell sind die Effekte?

Die durchschnittlichen Effektstärken liegen nach der üblichen Einteilung nach Cohen (1988) im mittleren Bereich für die Wiedergabe von Wissen (g = 0.53) und im kleinen Bereich für den Transfer von Wissen (g = 0.33). Die Größe dieser Effekte bedeuten, dass ca. 70 % der SchülerInnen, die mit Lernmaterialien mit Hervorhebungen gearbeitet haben, Lerninhalte besser wiedergeben und 62 % die Lerninhalte besser auf andere Aufgaben anwenden können als der Durchschnitt der Kontrollgruppe. Die Metaanalyse berücksichtigt nur Primärstudien, die unter stark kontrollierten Versuchsbedingungen durchgeführt wurden. Sie beruht auf einer großen Zahl an Studien – und es finden sich fast durchgängig positive Effekte, die im Einzelnen noch deutlich größer ausfallen können (vgl. Tabelle 1). Diese drei Punkte sprechen für die positive Wirkung von Hervorhebungen in Lernmaterialien und die Belastbarkeit der durchgeführten Analysen.  

Wie differenziert sind die Ergebnisse dargestellt?

Die AutorInnen schlüsseln ihre Ergebnisse sehr differenziert nach unterschiedlichen Fächern, Altersstufen und mehreren Erfolgskriterien (z.B. Lernerfolg, Motivation und kognitive Belastung) auf. Hervorhebungen in Arbeitsmaterialien sind hilfreich für Lernende aller Altersstufen – von SchülerInnen der Grundschule bis hin zu Erwachsenen. Im Bereich Wissenstransfer zeigen sich zwischen den (Schul-)Fächern keine Unterschiede. Für die Wiedergabe von Wissen haben Hervorhebungen in Arbeitsmaterialien sehr unterschiedliche Effekte je nach Fach: am Größten sind sie in Psychologie, Geographie und Erziehungswissenschaften, in den Fächern Physik und Biologie etwas kleiner. Die Tatsache, dass der Effekt in Mathematik nicht signifikant ist, führen die AutorInnen darauf zurück, dass in diesem Fach nur wenige Inhalte in Textform dargestellt werden und die Inhalte sehr abstrakt sind. 

Wie verallgemeinerbar sind die Befunde?

Die AutorInnen testen zahlreiche Moderatorvariablen (vgl. Tabelle 1), um zu sehen, inwiefern der Gesamteffekt für unterschiedliche Bedingungen generalisierbar ist. Die Gesamteffekte bieten größtenteils eine gute Orientierung. Für einige wenige Bereiche – z.B. das Unterrichtsfach – unterscheiden sich die Befunde bedeutsam und die spezifischen Werte für die einzelnen Moderatorstufen sind dementsprechend aussagekräftiger als der Gesamteffekt. Die Moderatoranalysen beruhen allerdings größtenteils auf kleinen Stichproben – und nicht alle Studien untersuchen alle Moderatoren. Die einzelne Moderatoranalyse wird dadurch unpräziser und muss mit Vorbehalt interpretiert werden.

Was macht die Metaanalyse wissenschaftlich relevant?

Im Vergleich zu spezifischeren Arbeiten (Höffler & Leunter, 2007; Richter et al., 2016) liefert diese Metaanalyse ein umfassendes Bild zur Wirksamkeit von Hervorhebungen. Gleichzeitig illustriert sie, wie sich der Fokus der Forschung über die Zeit verändert hat: Während Effekte auf den Transfer von Wissen vor 2000 kaum untersucht wurden, stand dieser Aspekt nach 2000 im Fokus der Forschung. Wissenschaftlich interessant ist auch, dass die Befunde von Schneider und Kollegen im Gegensatz zu den Befunden von Richter und KollegInnen nicht belegen, dass Lernende mit weniger Vorwissen besonders von Hervorhebungen profitieren. Damit liefern sie Evidenz gegen die Expertise-Umkehr-Hypothese, die davon ausgeht, dass Lernende mit geringem Vorwissen mehr von instruktionalen Hilfen in Lernmaterialien profitieren.

Wie methodisch verlässlich sind die Befunde?

Die Offenlegung und Begründung des methodischen Vorgehens entspricht nahezu exemplarisch den Kriterien gängiger Anforderungskataloge (z.B. APA Meta-Analysis Reporting Standards). Die einzelnen Schritte des Erstellungsprozesses der Metaanalyse (Suche, Studienauswahl, Kodierung und statistische Analyse) sind sehr transparent und nachvollziehbar beschrieben und daher als methodisch verlässlich einzuordnen. Eine detaillierte Beurteilung finden Sie in unserem Rating Sheet.

Fazit für die Unterrichtspraxis

Durch Arbeitsmaterialien, in denen lernrelevante Informationen hervorgehoben sind, können Lehrpersonen ihre SchülerInnen effektiv beim Lernen unterstützen und deren Motivation steigern. SchülerInnen befassen sich länger, zielgerichteter und mit größerem Erfolg mit entsprechend gestalteten Arbeitsmaterialien. Für diese Schlussfolgerung liefert die Metaanalyse ein solides Fundament. Hervorhebungen in Arbeitsmaterialien sind für Lernende aller Altersgruppen unabhängig vom Vorwissen sinnvoll – sowohl in Bezug auf die Wiedergabe als auch auf den Transfer von Wissen.

Prinzipiell können Lehrpersonen fast alle Arten von Hervorhebungen einsetzen, um SchülerInnen in ihrem Lernprozess zu unterstützen. Am wirksamsten sind Hinweise in Texten, die permanent bestehen bleiben (z. B. eine fett gedruckte Überschrift in einem Text im Vergleich zu einem Hinweispfeil auf einer Folie, die weiter geklickt wird). Nur sehr wenige Hervorhebungen, wie z. B. blinkende Hinweise auf Powerpointfolien, haben keine oder kontraproduktive Auswirkungen auf das Lernen.

Studienbeispiel

Die Primärstudie von Reisslein, Johnson & Reisslein (2015) zeigt deutlich, dass schon kleine Veränderungen in einer digitalen Lernumgebung – in diesem Fall farbige Hervorhebungen – eine signifikant positive Auswirkung auf den Lernerfolg haben können. Die AutorInnen ließen 74 SchülerInnen im Alter von 14 bis 15 Jahren eine E-Learning-Umgebung zu elektrischen Schaltungen und Parallelschaltungen bearbeiten und unterteilten sie dabei nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen: In der Kontrollgruppe war die Schrift in der Lernumgebung komplett schwarz-weiß gehalten, in der Experimentalgruppe waren wichtige Ausdrücke oder physikalische Zeichen/Einheiten farbig markiert (Spannung blau, Strom rot und Widerstand schwarz, vgl. Grafik 1).

Nach einem Vorwissenstest bearbeiteten die SchülerInnen die Lerneinheit, die aus Abbildungen und einem begleitenden, gesprochenen Erklärtext bestand. Während die SchülerInnen den Erklärtext anhörten, wurden die einzelnen Elemente der Abbildung (vgl. Grafik 1) nach und nach eingeblendet. Anschließend folgte eine Übungseinheit, in der die SchülerInnen ihr Wissen anwenden und ihre Lösungen jeweils in das Programm eingeben konnten. Sie erhielten direkt Rückmeldung zu ihren Antworten. Abgesehen von den farblichen Unterschieden waren die Lernumgebung und der komplette Versuchsablauf für alle Schülerinnen genau gleich.

Der abschließende Test, in dem die SchülerInnen ihr Wissen auf vergleichbare Aufgabestellungen anwenden mussten, wurde für alle SchülerInnen auf Papier und in schwarz-weiß durchgeführt. Die Experimentalgruppe, die mit den farbigen Hervorhebungen gearbeitet hatte, schnitt sowohl beim Lösen der Praxisaufgaben als auch im anschließenden Test besser ab. SchülerInnen dieser Gruppe waren zudem motivierter. Im Gegensatz dazu berichtete die Kontrollgruppe, die ausschließlich mit schwarz-weißer Schrift gearbeitet hatte, eine größere kognitive Belastung und sie brauchte länger zur Bearbeitung der Aufgaben.

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